Der Himmel ist schon blau, der Horizont aber noch rot und orange. Die Sonne will gerade aufgehen, nur ist sie noch hinter den Bäumen versteckt.
Nach dem Frühstück geht es wieder mit dem kleinen Beiboot zu einer einheimischen Familie, die Landwirtschaft betreibt und Naturprodukte – beispielsweise Seifen – herstellt und natürlich auch verkauft. Nachdem die Fahrt mit dem Beiboot für mich (und auch für die anderen) eine eher schmerzhafte Erfahrung war (die Sitzflächen sind aus Blech und nur ca 15 cm hoch. Die angebotenen Polsterchen reichen gerade einmal für Max, für Erwachsene sind diese viel zu klein), habe ich darauf verzichtet und mich lieber mit dem Packen unserer Sachen beschäftigt. Laut Kasia und Max war es schön, und natürlich haben die beiden Seife mitgebracht.
Kasia:
Viele der Einheimischen stammen von Südbrasilianern, die in der Zeit des Kautschukbooms mit dem Versprechen, gutes Geld zu verdienen, gelockt wurden. Angekommen, wurden sie mehr oder weniger versklavt und zu der schweren Arbeit auf den Kautschukplantagen gezwungen.
Der Familienvater zeigte uns seine Arbeitsstätte. Wie haben gesehen, wie man die Maniok – Wurzeln schält und zum Mehl zerrieben werden. Ihr Saft ist giftig, daher dauert es ein wenig. Man muss die zerriebene Wurzeln sieben, einweichen, dann kommen sie in spezielle Schläuche, in denen man den Saft auspressen kann. Zuletzt wird das Ganze getrocknet. Ein Nebenprodukt ist Tapioka, die Stärke. Wir durften leckere Fladen probieren.
Unser Guide erklärte uns dann noch einige der Nutz- und Heilpflanzen auf der Farm. Ein Enkel des Bauers verkaufte Andenken und selbstgemachte, duftende Seifen. Es war ein schöner Ausflug!
Das Packen war eine kleine Challenge. Auf dem Schiff gab es nur ab dem Abendessen bis zum Frühstück (bei Sonnenaufgang) Strom. Unsere Kabine hatte ein „Micky Maus“ – Fenster, das man locker mit einem Blatt Papier abdecken konnte. Es war auch direkt unter der Decke (und somit im Schatten dieser) und hat nur wenig Licht gespendet. Also habe ich die Stirnlampe aufgesetzt und angefangen, unsere Rucksäcke zu packen. Nach wenigen Minuten, der Spiegel im Zimmer war inzwischen so beschlagen, daß man nichts mehr erkennen konnte, bin ich auf’s Deck geflüchtet. Dort war es zwar kühler, aber über 30 Grad. Windstille und sehr hohe Luftfeuchtigkeit sind auch nicht hilfreich, um sich abzukühlen. Nach zwei weiteren Runden in der Kabine waren wir dann gepackt.
Gegen 10:30 war der Ausflug zu Ende und wir saßen alle am Boot (immer noch am Baum verankert) und haben auf das Mittagessen gewartet. Die Stimmung war in Anbetracht der Temperatur am Board (das Schiff heizt sich in der Sonne immer weiter auf) nicht die Beste. Nach dem Mittagessen haben wir dann gefragt, wann der Transfer zur Lodge stattfinden soll – die Antwort war, gegen 13:00. Also eine weitere Stunde warten. Wir dachten eigentlich, dass wir mit dem Boot bis ans Ufer gebracht werden würden, es stellte sich aber heraus, dass wir mit dem Beiboot fahren mussten. Die Fahrt dauerte – in der prallen Sonne – etwa eine Stunde und führte uns fast bis Manaus zurück. In der Zwischenzeit sollte das Boot mit den restlichen Gästen zum nächsten Punkt deren Reise fahren und dort auf den Guide warten, der uns mit dem Beiboot zurück fuhr. Es wurde 14:00 – jetzt sollten wir abgeholt werden, doch es kam niemand. Es wurde 14:15 und nun wurde auch der Guide schon unruhig. Es gab keinen Handy-Empfang, kein Telefon, nur eine Anlegestelle bei einer Straße. Die Zeit verging, die Temperatur stieg und wir alle wurden unruhig. Kurz nach 15:00 kam dann unser Fahrer – da hatten wir schon beschlossen auf die Weiterfahrt in die Lodge zu verzichten.
Wir haben absichtlich bei einem viel gelobten Individualanbieter gebucht, damit wir nicht die wenige Zeit mit unnötigen Leerläufen vergeuden – und genau das ist passiert. Von 10:30 bis 15:00 – mit Ausnahme des Mittagessen – sind wir wahlweise in brütender Hitze, in praller Sonne auf dem Beiboot und an einem Abholpunkt im Nirgendwo gesessen oder gestanden. Dafür ist uns die Zeit am Amazonas zu schade und wir waren nur noch fertig, durchgeschwitzt und nicht dazu bereit noch weitere Stunden auf dem Weg zur Lodge zu verbringen. Wir müssten von Manaus aus mit einem Boot auf die andere Uferseite, dort mit einem Jeep durch den Dschungel bis zu einem weitern Boot und dann noch eine weiter Stunde auf dem Boot bis zur Lodge fahren. Nachdem Boot in dem Zusammenhang sicher wieder ein Beiboot in bekannter Qualität und in praller Sonne bedeutet hätte, waren wir einfach nicht dazu bereit. Dazu kam, dass durch das lange Sitzen in dem Miniboot Kasias Knie auf beträchtliche Ausmasse angeschwollen ist und sie inzwischen große Schmerzen hatte.
Damit endet unser Amazonasausflug leider nicht so wie wir erwartet haben. Vielleicht waren unsere Erwartungen zu hochgesteckt, die Werbung unserer Reiseagentur zu gut oder wir sind zu kleinlich, und stundenlanges Verharren in unangenehmen Positionen und in der prallen Sonne gehört einfach dazu. Schade ist es jedenfalls.
Die Reise auf dem Amazonas war trotzdem ein Erlebnis, das wir sicher nicht vergessen werden.