Während unseres Ausflugs gestern hat unser Guide einiges über die samoanische Lebensweise erzählt. Wie Chris schon geschrieben hat, gibt es auf Samoa so um die 350 Dörfer. Jedes Dorf besteht aus mehreren Großfamilien. An der Spitze jeder Großfamilie steht ein Matai, man kann ihn als Häuptling oder Anführer bezeichnen. Es gibt aber nicht nur einen: in jeder Familie kann es mehrere matai geben, die unterschiedliche Ränge einnehmen. Aus der Reihe der Anführer wird der höchste Matai, der Dorfvorstand, gewählt. Der Titel ist theoretisch nicht erblich, meist aber wird der Sohn des alten der neue chief. Manchmal auch die Tochter oder die Schwester – ca. 10% der Matai’s sind weiblich.
Es wird aber noch komplizierter: es gibt zwei Arten von Matai. Den eigentlichen Chef, Alii, der die eigentlichen Entscheidungen trifft, und den Tulafale, den Sprecher-Chief, der diese Entscheidungen ausspricht. Der Tulafale ist sowas wie Regierungssprecher. Die beiden arbeiten eng zusammen.
Die Matai des Dörfes kommen zusammen, um über alles, was die Gemeinschaft betrifft, zu beraten. Wobei es keine Demokratie ist – die endgültige Entscheidung trifft der Oberhäuptling.
Gemeinschaft, das ist das wichtigste auf Samoa. Die Gesellschaft beruht auf der wichtigsten Regel überhaupt: man dient der Gemeinschaft. Disziplin und Gehorsam gegenüber den Matai und gegenüber den Älteren gehört zum Alltag der Samoaner. Pflicht gegenüber der Familie gilt auch dann, wenn Familienangehörige auswandern, vor allem nach Neuseeland und Australien. Und sie wird erfüllt: die Auswanderer schicken regelmäßig Geld nach Hause und kommen zu jeder wichtigen Angelegenheit heim.
Den Familien bzw. den Clans gehört das meiste Land, mehr als 80%. Auch über Verwendung von diesem entscheiden die Chiefs. Es darf aber nicht verkauft werden. Die Hotels, Resorts, Geschäfte gehören meistens den Dörfern oder Clans oder Großfamilien und werden von diesen betrieben.
Die Häuser auf Samoa sind meistens einstöckig und recht groß. Sie haben eine Veranda, und einen Garten rundherum. Vor fast jedem Haus steht ein zusätzliches Gebäude, ein offenes Haus. In diesem trifft sich die Familie, hier wird auch beraten. In den offenen Häusern stehen meistens keine Möbel, man sitzt am Boden. Wenn ein Begräbnis, eine Hochzeit oder irgendeine andere Feier ansteht und Gäste kommen, werden diese Häuser auch zum Schlafen benützt. Die Männer übernachten draußen, die Frauen drinnen.
Als wir den Ausflug nach Apia machten, ist uns aufgefallen, dass bei vielen Häusern Gräber stehen. Und tatsächlich – es sind nicht nur Erinnerungsstätten, es sind wirklich Gräber. Sowas wie Friedhöfe haben wie nicht gesehen. Die Samoaner wollen ihre verstorbene Familienmitglieder nah bei sich haben, und bestatten sie in ihren Gärten, oft direkt bei den Häusern. Kinder sitzen an den Grabsteinen, spielen darauf, sie werden ganz natürlich in das tägliche Leben integriert.
So ein Begräbnis ist übrigens eine sehr teuere Angelegenheit. Alle Dorfbewohner nehmen daran teil, auch andere Freunde, Verwandte. Alle werden verköstigt – mit mindestens einer ordentlichen Malzeit. Alle, die von weiter weg kommen, übernachten und müssen ebenfalls verpflegt werden. Und da sie dem Verstorbenen oder der Verstorbener die Ehre erweisen, muss man auch ihnen die Ehre erweisen – mit einem Gastgeschenk. So kommen schnell 40 bis 50 tausend Tala zusammen, ca. 13 bis 17 tausend Euro!
Meistens wird die Familie aus dem Ausland um Hilfe gebeten, und folgt dieser Bitte auch.
Alles für die Gemeinschaft. Gehorsam und Pflicht. Dienen als oberstes Gebot. Das klingt für uns eigentlich grauenhaft, vor allem weil wir es mit der Gemeinschaft nicht so haben. Die Leute hier scheinen aber glücklich zu sein. Nun ja, das Leben verläuft langsam. Sehr langsam. Wann immer es geht, wird ausgeruht. Ja nicht zu viel arbeiten, oder sich etwa zu viel bewegen. Ich glaube, ich bin neidisch 😉 Andererseits bringt uns die Langsamkeit hier ständig auf die Palme.